Bericht über die Generalprobe, erschienen am 5. Juli 2000 im Göttinger Tageblatt. (als Bild)
KOMÖDIE / „Mercator“ von Plautus im Max-Planck-Gymnasium
Athen nicht nur für Lateiner
Wenn sich Vater und Sohn in die gleiche Frau verlieben, so mag das allzu oft ein dramatisches Ende finden. Nicht so in der Komödie „Mercator“ des römischen Dichters Plautus. Ebendies geschieht dort dem alten Athener Demipho und seinem Sohn Charinus. Die schöne Hetäre Pasicompsa hat es allen beiden angetan.
Um Ärger mit dem Vater zu vermeiden, läßt Charinus die Schöne als Sklavin ausweisen, damit sie für die Mutter als Zofe arbeite. Der Plan des Vaters sieht dagegen anders aus: Um Pasicompsa in seiner Nähe zu haben, überredet er einen Nachbarn, das Mädchen zu kaufen.
Lotterleben ist nichts für Alte
Beide Pläne scheitern. Doch – soviel kann schon verraten werden – die jugendliche Liebe siegt. Den Alten, so die appellativen Worte des Dichters, solle jede Form von Lotterleben verboten werden, und zudem dürften sie sich keinesfalls in die amourösen Affären der Jungen einmischen.
Ein ganzes Jahr haben die Studenten des Seminars für Klassische Philologie unter der Leitung von Dr. Marcus Deufert und Herrn Prof. Dr. Ulrich Schindel an der Komödie „Mercator“ gearbeitet. Mit viel Witz und Esprit spielen sie das ursprünglich als griechisches Bauerntheater geschriebene Stück. Wie es bei Studierenden der Philologie nicht anders zu erwarten ist, natürlich alles in fließendem Latein.
Das ist kein Grund zum Fürchten. Ganz im Gegenteil: Schon nach wenigen Minuten fühlt sich der Zuschauer in vergangene Zeiten zurückversetzt, und nichts scheint angemessener und selbstverständlicher als das alte Latein. Das Stück ist mit Hilfe des ausführlichen Programmheftes und gelegentlichen, witzig eingefügten Übersetzungen gut zu verstehen. Schlager, Musik von der „Ärzten“ und eine herzzereißende (sic!) Tanzeinlage bilden die gelungene Untermalung. Ein empfehlenswerter Ausflug in das alte Athen, und das ganz bestimmt nicht nur für Lateiner.
Judith Funke
© 2000 Göttinger Tageblatt GmbH & Co. KG.
Interview zur Aufführung in Jena, erschienen am 1. Februar 2001 in der Thüringischen Landeszeitung. (als Bild)
Das ewig junge alte Thema: die Liebe
Göttinger Studenten zeigten „Mercator“
Ein ungewöhnliches Theaterstück wurde gestern in der Mensa am Philosophenweg gezeigt: „Mercator“ nach Plautus. Ungewöhnlich deshalb, weil die Akteure Latein sprachen. TLZ-Mitarbeiter Stephan Laudien befragte Dr. Christian Tornau, der sich für das Gastspiel Göttinger Studenten einsetzte.
Latein gilt gemeinhin als tote Sprache. Wie entstand die Idee, „Mercator“ in Latein zu spielen?
Latein ist lebendiger, als oft gedacht wird. Es gibt weltweit Zirkel, die lateinisch kommunizieren, etwa der um den Münchner Professor Wilfried Stroh. Der Philologe Fidel Rädle dichtet gar in Latein, und ein finnischer Nachrichtensender sendet in dieser Sprache. – Mit der Prämisse, dass weltweit wohl mehr Menschen Latein verstehen als Finnisch. Dass die Göttinger im Stück lateinisch sprechen hat Tradition. Bereits 1990 haben sie mit Erfolg „Amphitruo“ aufgeführt.
Wie kam der Jenaer Auftritt zu Stande?
Es gibt seit langem gute Beziehungen zur Göttinger Universität. So kommt etwa unser amtierender Institutsleiter Prof. Meinolf Vielweg (sic! richtig: Vielberg) aus Göttingen. Zudem können wir Jenaer die Göttinger Bibliothek benutzen.
Das klingt ein wenig wie eine Einbahnstraße?
Das würde ich nicht sagen. Jenaer Kollegen halten Vorträge in Göttingen, zudem wäre es denkbar, die geplante Modenschau mit Kleidern der Antike in Göttingen zu zeigen.
Zurück zum „Mercator“. Warum gerade dieses Stück?
Ich vermute, weil es viele Effekte hat, sehr schwankartig ist. Die Handlung ergreift die Zuschauer schnell.
Worum geht es im „Mercator“?
Die Komödie gehört zu den ältesten lateinischen Texten, die wir kennen. Sie wurde um 200 vor Christus geschrieben. Das Thema ist bis heute aktuell: Der alte Athener Demipho und sein Sohn Charinus verlieben sich beide in die schöne Hetäre Pasicompsa.
Für welches Publikum wird gespielt?
Bisherige Aufführungen stießen auf breites Interesse. Gedacht ist an Latein-Studenten, Lehrer, Schüler. Meist kommen mehr Leute, als vorher erwartet worden war.
Stephan Laudien
© 2001 Thüringische Landeszeitung Verlag GmbH & Co. KG.
Bericht zur Aufführung in Bonn, erschienen am 26. Februar 2001 im General-Anzeiger Bonn. (als Bild)
Sächsische Dolmetscherin für das klassische Latein
Komödie · Philologie-Studenten zeigen am Beethoven-Gymnasium Plautus’ „Mercator“
Die Stimme des Herrn, dem das Stück offenbar nicht gefiel, erinnerte deutlich an die des Renzensionspapstes Marcel Reich-Ranicki. Auch seine ästhetischen Kategorien waren dieselben: „langweilig“, „banal“. Widersprochen wurde jedem seiner Ausbrüche von einer resoluten Dame, die ihm das Geschehen auf der Bühne noch einmal in breitem Sächsisch erläuterte – ein glücklicher dramaturgischer Einfall, um die Sprachbarriere zwischen Darstellern und Zuschauern zu überbrücken.
Denn was da von Studierenden des Göttinger Seminars für Klassische Philologie in der Aula des Beethoven-Gymnasiums dargeboten wurde, war ein Theaterstück in lateinischer Sprache, die Komödie „Mercator“ – „Der Kaufmann“ – des römischen Dichters T. Maccius Plautus.
Das Publikum war bunt gemischt: Dozenten, Studenten, Lehrer, Schüler, Eltern. Klare Aussprache, lebendiges und gestenreiches Spiel trugen dazu bei, den unterschiedlichen Voraussetzungen zum Trotz jedem der Zuschauer einen Zugang zum Stück zu eröffnen.
Rasch wurde klar, dass die Antike sich nicht auf die Formel „Edle Einfalt, stille Größe“ bringen lässt, sondern reichlich Sinn hatte für Unterhaltung und Komik. Die Geschichte war in der Tat von klassischer Einfachheit: Vater und Sohn lieben dasselbe Mädchen und versuchen einander dieses mit verschiedenen Tricks abzujagen.
Am Ende siegt der junge Mann, und ein Gesetz verbietet es den Alten zukünftig, sich in die Liebesaffären der Jungen hineinzudrängen.
Mit der Einladung zu diesem Abend setzte das Bonner Philologische Seminar eine jahrzehntelange Tradition lateinischer Theateraufführungen fort. Dass dies in der vollbesetzten Aula des Beethoven-Gymnasiums geschah, war auch als Zeichen gedacht für das gemeinsame Bemühen von Universität und Schule um eine lebendige Vermittlung der Antike.
© 2001 Bonner Zeitungsdruckerei und Verlagsanstalt H. Neusser GmbH.
Bericht zur Aufführung in Bonn, erschienen in „forsch – Bonner Universitäts-Nachrichten“ Nr. 1 vom April 2001. (als Bild)
Lachen wie die Römer
Alte Sprachen ganz lebendig
Mit einer in lateinischer Sprache aufgeführten Komödie des römischen Dichters Plautus zeigten die Philologen der Unis Bonn und Göttingen, wie lebendig diese „tote“ Sprache sein kann.
Aufgeführt wurde „Mercator“ – der Kaufmann – vom Göttinger Seminar für Klassische Philologie unter Leitung von Prof. Ulrich Schindel und Dr. Marcus Deufert, einem ehemaligen Bonner Studenten. Mit der Einladung zu diesem Abend setzte das Philologische Seminar eine jahrzehntelange Tradition lateinischer Theateraufführungen in Bonn nach langer Pause fort; die letzte fand vor 20 Jahren statt. Daß dies in der vollbesetzten Aula des Beethovengymnasiums vor Dozenten, Studierenden, Lehrern, Schülern und Eltern geschah, war ein sichtbares und dazu noch amüsantes Beispiel für das gemeinsame Bemühen von Universität und Schule, Antike lebendig zu vermitteln.
Plautus behandelt im „Mercator“, gestützt auf die Vorlage einer griechischen Komödie, den Generationenkonflikt: Vater und Sohn verlieben sich in dasselbe Mädchen und versuchen trickreich, den Nebenbuhler auszuschalten. Mit Situationskomik und Wortwitz, Tanzeinlagen und Musikzitaten eröffneten die Göttinger unterschiedlichen Voraussetzungen zum Trotz allen Zuschauern einen Zugang zu dem Stück. Ein pfiffiger dramaturgischer Einfall überbrückte Verständnislücken: Die Stimme des Herrn, dem das Stück offenbar nicht gefiel, erinnerte deutlich an die eines deutschen Rezensionspapstes. Auch seine ästhetischen Kategorien waren dieselben: „Langweilig!“ „Banal!“ Widersprochen wurde jedem seiner Ausbrüche von einer resoluten Dame, die ihm das Geschehen auf der Bühne in breitem Sächsisch erläuterte.
„Vielleicht hat diese Aufführung dazu angeregt, selbst einmal aktiv zu werden“, meint Dr. Heinz-Lothar Barth vom Philologischen Seminar. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Latein-Theater-AG aus Studierenden und Schülern? Für eine Aufführung könnte das Akademische Kunstmuseum eine reizvolle und zentral gelegene Bühne sein.
© 2001 Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.